Sustainable Fashion

Interview mit COCCCON-Gründer Chandra Prakash Jha und seinem Teamkollegen Georg Andreas Suhr

Im Interview haben Chandra Prakash Jha, der Gründer des fairen und nachhaltigen Modelabels COCCCON und sein Teamkollege, Internationale Brand Consultant Georg Andreas Suhr mit uns über ihre “gewaltfreie Seide” gesprochen.
Georg Andreas Suhr und Chandra Prakash Jha von Cocccon ©Cocccon
Georg Andreas Suhr und Chandra Prakash Jha von Cocccon ©Cocccon

Seide gilt seit über 5000 Jahren als hochwertiges Material für Kleidung. Die meisten Konsumenten wissen, dass Seide von der Seidenraupe bzw. dem Seidenspinner stammt . Um das Material für eine Seidenbluse zu erzeugen, müssen etwa 4000 Raupen ihre Kokons spinnen. Denn Seide ist letztlich das Material der Fäden, die die Seidenraupe produziert, um sich darin zu verpuppen und sich in einen Schmetterling zu verwandeln.

Was hingegen vielen nicht bekannt ist, sind die denkwürdigen Produktionsweisen, die sich in der herkömmlichen Seidengewinnung etabliert haben. ArbeiterInnen werden oft zu prekären Bedingungen beschäftigt. Die Raupen werden lebend in kochendes Wasser geworfen und so getötet, große Mengen an umweltschädlichen Fungiziden und Chemikalien kommen während des Produktionsprozesses zum Einsatz.

Wie gut, dass es Menschen wie Chandra Prakash Jha und Georg Andreas Suhr gibt, die Missstände erkennen und Lösungen schaffen. 2012 haben sie das Projekt “COCCCON – creativity can care” gestartet, bei dem es um die faire, gewaltfreie und nachhaltige Produktion von Seide geht. Im Interview haben sie uns Fragen zur ökologischen und fair produzierten Seide beantwortet.

Seit wann gibt es das Projekt COCCCON und worum genau geht es dabei?  Wie ist die Idee entstanden? 

Das Projekt „COCCCON – creativity can care“ wurde 2012 in Indien und Deutschland von Chandra Prakash Jha gegründet und produziert GOTS-zertifizierte nachhaltige Seidenstoffe und entwickelt innovative neue Stoffe, wie zum Beispiel unsere, 2018 mit dem „Textile Innovation Award“ ausgezeichnete Weltneuheit “Silk-Denim”.
Neben den unterschiedlichen Qualitäten von Seidenstoffen werden auch Accessoires sowie komplette Kollektionen für Damen und Herren entworfen, die weltweit ihre Liebhaber finden. 
Die Zeit ist gekommen für solche Ideen – wenn nicht jetzt? Wann dann? Es muss sich etwas ändern in der Fashion-Industrie – und zwar sofort! Back to where we started!

Wie genau kann man sich die Arbeit vorstellen, die COCCCON leistet? Wie finanziert sich das Projekt?

Zusammen mit den indischen Farmern haben wir ein gesamtes Dorf in Jharkhand rekultiviert und betreiben dort unsere Seidenraupen-Farm. Gemeinsam stellten wir uns der Herausforderung, nachhaltig ökologische Seide zu fairen Konditionen, mit Respekt gegenüber Natur und Mensch, herzustellen.  
In einem weiteren Dorf in Jharkhand arbeiten ca. 40 Weber-Familien für das COCCCON Project. Hier werden aus den Kokons in Handarbeit zuerst Garne gesponnen und anschließend zu Stoffen verwoben. 
Das gesamte Projekt wird aus privater Hand finanziert und wächst seit Gründung kontinuierlich in gesunden Schritten.

Was macht die herkömmliche Seidenproduktion so problematisch?

Nicht nur, dass bei der konventionellen Seidenproduktion die Seidenlarve qualvoll im kochenden Wasser stirbt, sondern auch der Einsatz von Pestiziden sowie zahlreichen Chemikalien, die zur Veredelung oder Färbung der Seide eingesetzt werden, machen die herkömmliche Seide zu einem Produkt, das eigentlich niemand freiwillig auf seiner Haut tragen möchte!

Können Sie erklären, was es mit dem Begriff “Peace Silk” beziehungsweise “Non-Violent Silk” auf sich hat?

Bei der Ahimsa-Seide, die auch als „Peace Silk“ oder „Non-Violent Silk“ bekannt ist, wird gegenüber der konventionellen Seidenproduktion die Seidenraupe nicht im heissen Wasser getötet. COCCCON wartet, bis die Raupe sich komplett verwandelt hat und als Schmetterling geschlüpft ist, bevor der Kokon zur Seidenproduktion verwendet wird. 
Dieser Prozess ist langwieriger und aufwendiger, erhält aber so das biologische Gleichgewicht und die Biodiversität. COCCCON schenkt Schmetterlingen ein zweites Leben und schließt so den natürlichen Kreislauf.

Wo auf der Welt ist die Nachfrage nach der ökologischen und fair produzierten Seide am größten und bemerken Sie Tendenzen/Veränderungen in der allgemeinen Nachfrage? 

Wir denken, dass die Nachfrage für nachhaltige Materialien und Produkte generell steigt. Sicherlich ist Europa einer der wichtigen Kern-Märkte und nicht nur die bereits etablierten Öko-Labels beziehen unsere Seide, sondern auch einige namhafte Luxus-Labels sind verliebt in unsere Ahimsa-Seide.  

Wie war das Feedback zur ökologischen und fairen Seide auf der Neonyt im Rahmen der Fashion Week im Januar?

Wir sind seit 2012 regelmäßig jede Saison auf dem Greenshowroom während der Berlin Fashion Week vertreten und auch diesmal war die Resonanz auf unsere Seidenprodukte sehr groß. Da wir im November 2018 den Bundespreis EcoDesign in der Kategorie Produkt gewonnen haben, war die Resonanz besonders groß und viele waren natürlich auch neugierig auf unsere Weltneuheit, den „Peace Silk Denim“.

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