Interview

Interview mit Gabriela Kaminski von SIZZE

"Die vielen Nachfragen ermutigen uns immer wieder und zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

Das Berliner Startup SIZZE bietet eine Lösung zu Problemen der Modebranche. SIZZE hilft den Mode-Onlineshops Kosten und Rücklaufquoten zu minimieren und die Produktionsqualität zu kontrollieren. Die auf KI-basierende Lösung misst automatisch eine Vielzahl von Kleidungsstücken schnell und mit hoher Genauigkeit. Mit dem implementierten Body Measurement hat der Käufer so die Möglichkeit seine Körpermaße mit den Maßen der Kleidung abzugleichen.

Was hat dazu geführt, dass Sie sich mit innovativen technologischen Entwicklungen für die Modeindustrie beschäftigen? Wie kam es zu der Idee, eine digitale KI-basierte Kleidungs-Vermessung zu erfinden?

Leider hatte ich auch hier wieder Probleme mit Angestellt*innen. Entweder die Packer*innen kamen erst gar nicht oder der Informatiker meldete sich ständig krank. Das Ergebnis war, dass ich am Tag ca. 14 Stunden für den Onlineshop arbeitete. Mein Mann riet mir einen Großhandel für Kindermode zu eröffnen – dieser lief noch besser und beanspruchte genauso viel von meiner Zeit. Also verkaufte ich auch dieses Geschäft gewinnbringend. Ich langweilte mich zwar, konnte jedoch durch sehr schwere Erkrankungen nicht so agieren, wie ich wollte. Eines Tages fragte mich mein Mann, ob ich nicht die voll gefüllten Kartons mit abgelegter Kleidung von mir bei eBay verkaufen wolle. Ich verneinte, da ich wusste, dass ich die Kleidung hätte vermessen müssen. Das war zu der Zeit noch sehr zeitaufwendig. Um mir die Arbeit des Vermessens zu sparen, suchte ich nach einer App für Kleidervermessung, wurde aber nicht fündig. So entstand die Idee der digitalen Kleidervermessung. Ich recherchierte nach Patentanwälten, um herauszufinden, ob es eine Messung in dieser digitalen Form schon gäbe. Nach ein paar Tagen wusste ich, dass ich das Ei des Columbus gefunden hatte – SIZZE war geboren.

Auf Ihrer Website steht, Sie haben bereits mehrere Unternehmen im Fashion Business-Bereich gegründet. 2019 haben Sie gemeinsam mit Ihrem Mann Jochen Kaminski mit SIZZE eine neue KI-basierte Lösung für den Mode-Onlinehandel gelauncht. Könnten Sie genauer beschreiben, wie Sizze funktioniert und was man sich darunter vorstellen kann?

Über 20 Jahre war ich sehr erfolgreiche Unternehmerin. In Frankfurt/Main betrieb ich über viele Jahre eine Luxusboutique für Kinderkleidung am Opernplatz. Durch den immerwährenden Ärger mit den Angestellt*innen entschied ich mich zum Verkauf der Boutique.
Da allerdings das Nichtstun nicht zu meinem Naturell gehört, begann ich Sachen aus dem Keller zu verkaufen. Angefangen mit getragener Kleidung, gebrauchten Schuhen etc. setzte ich in einem Jahr € 24.000,00 um. Angetrieben von meinem Erfolg schlich ich dann durchs Haus, um noch weitere Gegenstände für den Verkauf zu finden. Glücklicherweise stoppte mich mein Mann und empfahl mir doch einen Onlinehandel für Kinderkleidung zu eröffnen. Ich wählte die Plattform eBay. Allerdings konnte ich dort natürlich nicht Armani & Co verkaufen. Die Suche nach Händler*innen für Kindermode gestaltete sich als langwierig, aber hatte schlussendlich Erfolg. Nach nur kurzer Zeit gehörte ich zu den größten Onlinehändler*innen für Kinderkleidung bei eBay.

An wen richtet sich die Lösung? Was macht diese Technologie so einzigartig?

Viele Milliarden zahlt der weltweite Fashion-Onlinehandel für größenbedingte Rücksendungen. Haben die Käufer*innen allerdings die Möglichkeit sich zu vermessen und ihre Maße abzugleichen mit den Maßen der Kleidung, ist es nicht nötig, mehrere Größen eines Artikels zu bestellen oder gar wegen Nichtpassens zurückzusenden. Anfangs wussten mein Mann und ich noch nicht, ob wir eine App oder eine Software benötigen. Wir beauftragten eine Agentur für App-Entwicklung in Berlin. Die Developer machten uns viel Hoffnung und sagten uns, dass die Entwicklung kein Problem sei. Die Entwicklung zog sich ein Jahr hin und die Ergebnisse waren katastrophal. Mittlerweile wussten wir, dass es sich bei der Entwicklung um KI, ML und Software handelte. Die Developer der Agentur waren damit überfordert und kannten sich mit der künstlichen Intelligenz und des Machinelearnings überhaupt nicht aus. Durch sehr viel Glück haben wir dann unseren jetzigen Developer, Anton Krashennikov gefunden. Er ist ein Ass für die Entwicklung von Software, die KI-basiert ist. Nun hieß es noch einmal neu anfangen. Anton erklärte uns bis ins kleinste Detail, wie der Aufbau der Software sein müsse. Der User macht ein Foto von dem Kleidungsstück und erhält innerhalb von Sekunden die genauen Maße des Artikels. Wenn die Benutzer*innen z.B. 1000 Fotos hochladen, erhalten sie innerhalb von ca. drei Minuten alle Maße. Zudem ist in die Software ein Body-Measurement eingebunden, sodass der Fashion-Onlinehandel den Käufer*innen beide Features zur Verfügung stellen kann. Ergo, die Kund­*innen vermessen sich und können so ihre Maße mit den Maßen der verschiedenen Größen im Shop abgleichen und passgenau bestellen. Diese Software stellte auch unseren sehr fähigen Entwickler vor große Herausforderungen und oft haben wir gedacht, dass die Entwicklung von SIZZEnicht möglich sei. Das ist sicherlich auch der Grund, warum eine solche Software weltweit noch nicht auf dem Markt ist. Wir haben vor, den Kund*innen monatlich vier Varianten unserer Lizenz zur Verfügung zu stellen. Hier unterscheiden sich die Varianten in der Menge der Uploads. Wir beachten selbstverständlich auch kleinere Onlineshops. Das weltweite Patent ist im Pending und braucht leider seine Zeit. Einige Fashion-Onlineshops nutzen die Möglichkeit eines Body-Measurement bereits für Käufer*innen. Doch was nutzt das beste Body-Measurement, wenn die Maße für die Kleidung fehlen?

Ist Berlin Ihrer Meinung nach der richtige Standort für Fashiontech-Innovationen wie Sizze?

Glücklicherweise haben wir unseren Wohnsitz und unsere Geschäftsstelle in Berlin. Für Startups eine der besten Voraussetzungen im deutschen Silicon Valley. Die räumliche Nähe zu Mitbewerber*innen und Entwickler*innen ist ein eindeutiger Vorteil.

Hat sich die Corona-Pandemie auf Ihr Start-Up und ihr berufliches Leben ausgewirkt?

Corona betrifft unsere Branche wenig oder gar nicht. Unsere Entwickler*innen arbeiten von Zuhause und unsere zukünftigen Kund*innen – der Fashion-Onlinehandel – boomt wie nie zuvor. Unser Ziel ist es im Oktober das Testing für die Kund*innen zu starten. Die vielen Nachfragen ermutigen uns immer wieder und zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Was sind für SIZZE die nächsten Ziele? Was steht an und was wünschen Sie sich für das kommende Jahr?

Die nächste Etappe wird sein, Anfang des nächsten Jahres SIZZE in Deutschland zu launchen. Hat sich die Marke SIZZE erst einmal in Deutschland etabliert, wollen wir den internationalen Markt erobern.

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